Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

1. Juni 2018 - Geschrieben von: Rita Sundag

Pflege ist oft schwer planbar, da sie häufig plötzlich und unerwartet erforderlich wird. Oft beginnt sie mit geringem Aufwand und steigert sich bis zu extremer Belastung. Auch die Formen der Pflege sind individuell sehr verschieden.

Eine besondere Herausforderung

Hinzu kommt, dass der Umgang mit Krankheit, Alter, Tod und dem Sterben eines nahe stehenden Menschen besonders schwierig und belastend ist. Stress und psychische Belastungen für die Pflegenden können sich verstärken, wenn das Thema tabuisiert wird und Kolleginnen/Kollegen das Verständnis hierfür fehlt. Viele Pflegende werden deshalb zunächst von der Situation völlig überrascht; viele fühlen sich allein gelassen. Da die Zahl der Pflegenden, die zugleich erwerbstätig sind, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist und weiter zunehmen wird, müssen sich auch die Arbeitgeber auf die Doppelbelastung von Pflege und Beruf stärker einstellen. Dazu gehört es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Beschäftigte für Pflegeaufgaben Wertschätzung erfahren. Doch was passiert, wenn sich das Leben von dem einen auf den anderen Tag völlig verändert?

Plötzlich: Schlaganfall, Unfall, Krankheit

Für die meisten Arbeitnehmer ist der Alltag straff durchorganisiert. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: ein naher Angehöriger erleidet einen Schlaganfall und wird zum Pflegefall. Jemand aus der Familie muss von jetzt auf gleich trotz Berufstätigkeit Hilfe organisieren oder eben selbst dem Pflegebedürftigen zur Seite stehen. Eine große Herausforderung für die ganze Familie. Für die Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen ist es schwierig, eine gute Balance zwischen Pflege, Sorge und Beruf zu finden. Oft müssen sie ihren Beruf zumindest kurzzeitig ganz aufgeben. Doch mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf und der dadurch entstandenen zeitlichen Flexibilität ist viel mehr möglich geworden. Der Gesetzgeber sieht verschiedene Möglichkeiten vor, um berufstätige Pflegende zu unterstützen.

10-tägige Auszeit im Akutfall mit Lohnersatzleistung

Bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung haben alle Arbeitnehmer ein Recht darauf, der Arbeit bis zu zehn Tage fern zu bleiben. Für diese Auszeit kann ihnen ein Pflegeunterstützungsgeld gewährt werden, bei dem es sich um eine Entgeltersatzleistung der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen handelt. Der Arbeitnehmer ist im Vorfeld verpflichtet, den Verhinderungsgrund und die voraussichtliche Dauer mitzuteilen.

Die zehn Tage müssen nicht an einem Stück genommen werden. Man kann mehrmals wenige Tage frei nehmen. Außerdem ist es möglich, sich die Arbeitsverhinderung aufzuteilen. Beispielsweise können sich zwei Geschwister jeweils fünf Tage frei nehmen. Entscheidend ist, dass der Anspruch auf insgesamt zehn Arbeitstage pro pflegender Person beschränkt ist.

Wird ein weiterer Angehöriger pflegebedürftig – nach der Mutter beispielsweise auch der Vater – hat man erneut die Möglichkeit, sich für zehn Tage freistellen zu lassen. Zu pflegebedürftigen Angehörigen zählen nicht nur die Eltern, sondern auch Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner. Der Begriff umfasst außerdem Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder sowie Schwiegersöhne, Schwiegertöchter und Enkelkinder.

Bis zu sechs Monate: Freistellung oder Teilzeit durch die „Pflegezeit“

Bei der Pflegezeit können Arbeitnehmer bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise aus dem Job aussteigen, um einen pflegebedürftigen Angehörigen zuhause zu pflegen. Nach der Pflegezeit besteht ein Anrecht darauf, in den alten Job in Vollzeit zurückzukehren. Während der Pflegezeit gibt es auf Wunsch finanzielle Unterstützung vom Staat, um den Lohnausfall abzufedern. Dieses Darlehen kann direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden und deckt grundsätzlich die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettogehalts ab. Beschäftigte können auch einen niedrigeren Darlehensbetrag in Anspruch nehmen, wobei die monatliche Rate mindestens 50 Euro betragen muss. Wichtige Voraussetzung für ein Anrecht auf Pflegezeit ist, dass der Betrieb noch mindestens 15 weitere Personen beschäftigt. Dazu gehören auch Auszubildende. Wer in einem kleineren Betrieb arbeitet, sollte versuchen, auf freiwilliger Basis die Pflegezeit mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren.

Ebenfalls muss die Pflegezeit zehn Tage im Voraus angekündigt werden. Bei dem zu pflegenden Angehörigen sollte außerdem ein Pflegegrad anerkannt worden sein. Ist das nicht der Fall, sollten so schnell wie möglich Leistungen der Pflegeversicherung bei der Pflegekasse des Angehörigen beantragt werden. Wenn dem Arbeitgeber schon angekündigt wurde, Pflegezeit in Anspruch nehmen zu wollen, muss der Medizinische Dienst der Krankenversicherung spätestens zwei Wochen nach Antragstellung bei der Pflegekasse seine Begutachtung durchführen und das Ergebnis unverzüglich mitteilen.

Bis zu zwei Jahre: Teilzeit durch die „Familienpflegezeit“

Wenn sechs Monate Pflegezeit nicht ausreichen, können Arbeitnehmer bis zu zwei Jahre teilweise aus dem Job aussteigen. Während dieser Zeit muss der Arbeitnehmer weiterhin mindestens 15 Stunden in der Woche arbeiten. Allerdings haben nur Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten einen Anspruch auf Familienpflegezeit. Arbeitnehmer, die keinen rechtlichen Anspruch haben, sollten sich frühzeitig bei ihrem Arbeitgeber nach Möglichkeiten für die Pflege ihrer Angehörigen erkundigen. Wie auch bei der Pflegezeit muss auch hier ein Pflegegrad beim pflegenden Angehörigen vorliegen. Die Pflegezeit und die Familienpflegezeit können ineinander übergehen. Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate. Zieht sich die Pflege länger als 24 Monate hin, können mehrere Angehörige die Pflegezeit oder Familienpflegezeit nehmen – nacheinander oder parallel.

Begleitung in der letzten Lebensphase

Um einen pflegebedürftigen Angehörigen in der letzten Lebensphase begleiten zu können, darf man bis zu drei Monate vollständig oder teilweise aus dem Job aussteigen. Diese Begleitung ist auch möglich, wenn der Angehörige in einem Hospiz oder einer anderen Einrichtung versorgt wird. Hier liegt der Fokus nicht auf der Pflege des Angehörigen, sondern darauf, die letzte gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen. Ein Pflegegrad ist nicht erforderlich, um die Begleitung in Anspruch zu nehmen. Auch hier gilt der Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.

Achtung Versicherungen

Bei allen genannten Pflegezeiten muss man sich über die individuelle soziale Absicherung informieren. Nicht in jedem Fall bleibt der Versicherungsschutz für Kranken- und Pflegeversicherung über den Arbeitgeber bestehen.

Arbeitnehmer oft verunsichert

Der großen Mehrheit ist die Familienpflegezeit mit den verschiedenen Optionen unbekannt. Dabei würden womöglich mehr Menschen die Möglichkeiten nutzen, wenn sie besser darüber Bescheid wüssten. Deshalb ist vor allem eine pflegesensible Unternehmenskultur gefordert, um einen offeneren Umgang mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen.

In unserem Unternehmen, der Job find 4 you Personalmanagement GmbH, ist es z.B. der Pflegekoffer, der unseren Mitarbeitern zur Unterstützung angeboten wird. Hierin findet der Mitarbeiter praxisnahe und unkomplizierte Hilfestellungen. Denn wenn Beschäftigte Pflege und Beruf gut verbinden können, hat auch der Betrieb viel davon.

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