Die AÜG-Änderungen ab 1. April 2017
15. März 2017 - Geschrieben von: Lena Flecke
Gelesen hat man es in den letzten Monaten oft. Aber kurz vor dem 1. April 2017 ist das Thema der AÜG-Änderungen sicherlich noch aktueller als zuvor. Ab April wird „neu gezählt“, sowohl für neu einzustellende Mitarbeiter als auch für Mitarbeiter in Beschäftigung über die Zeitarbeit.
Ohne Berücksichtigung individueller Regelungen verschiedener Tarifverträge ist nach 18 Monaten Schluss – der Zeitarbeitnehmer wird übernommen, oder der Einsatz bei einem Kunden wird beendet. Dabei gilt es, Einiges zu berücksichtigen und einige wichtige Punkte zu beachten, auf die wir mit diesem Blog noch einmal maßgeblich hinweisen wollen. Nichtbeachtung kann nämlich teuer werden – für Zeitarbeitsunternehmen wie auch Kundenunternehmen, die Zeitarbeitnehmer einsetzen.
Um eines schon einmal vorwegzunehmen: bei auftretenden Fragen zu diesem Thema können Sie sich gerne telefonisch oder per E-Mail an uns wenden. Dann können wir die konkreten Veränderungen anhand Ihrer individuellen Situation besprechen und mit Ihnen gemeinsam überlegen, wie Sie die Gesetzesänderungen strategisch angehen können. Denn auch bei den AÜG-Änderungen gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel!
Offene Überlassung
Offene Arbeitnehmerüberlassung bedeutet, dass ein Arbeitnehmer nur von seinem vertraglichen Arbeitgeber an andere Kundenunternehmen überlassen werden kann. Im Arbeitsvertag zwischen Zeitarbeitnehmer und Zeitarbeitsunternehmen muss klar definiert sein, dass es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt. Dieser Arbeitsvertrag muss selbstverständlich vor (!) Arbeitsantritt geschlossen worden sein. Außerdem muss dem Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens vor jeder neuen Überlassung schriftlich dargelegt werden, dass es sich bei dem Einsatz um Arbeitnehmerüberlassung handelt. Ebenfalls muss vor einer jeden Überlassung ein schriftlicher Vertrag zwischen Zeitarbeits- und Kundenunternehmen geschlossen worden sein – der Mitarbeiter muss im Vertrag namentlich, sowie mit Qualifikation und Tätigkeitsbeschreibung benannt werden.
Kein Überlassungsvertrag – kein Zeitarbeitnehmer? Ohne vorherigen Überlassungs- und Arbeitsvertrag kommt keine gültige Überlassung zustande. Wenn der Mitarbeiter beim Kunden dennoch die Arbeit aufnimmt, wird er automatisch direkter Mitarbeiter des Kundenunternehmens, nicht des Zeitarbeitsunternehmens.
Gleichstellung nach spätestens 9 Monaten
Spätestens nach einer Einsatzlänge von neun Monaten muss der Zeitarbeitnehmer mit einem Stammbeschäftigen bei selber Tätigkeit gleichgestellt werden – gezählt ab dem 1. April 2017. Unterbrechungen bis zu drei Monaten zählen nicht als „Unterbrechung“ in dem Sinne, diese Zeiten werden als Einsatzzeiten gerechnet. So werden auch Einsatzzeiten beim gleichen Kunden durch verschiedene Zeitarbeitsunternehmen zusammengerechnet, wenn die Unterbrechung hierzwischen bis zu drei Monaten beträgt.
Für Zeitarbeitsunternehmen ist es ratsam, sich detailliert über die Vorbeschäftigungen (Voreinsätze) von Bewerbern zu informieren, da das letzte Überlassungsunternehmen von etwaigen Sanktionen betroffen ist. Zudem sollten rechtzeitig Informationen über vergleichbare Entlohnungsbedingungen des Kundenunternehmens eingeholt werden.
Das Gesetz versteht unter Gleichstellung, dass der Zeitarbeitnehmer dieselbe Vergütung erhält, wie ein vergleichbarer festangestellter Mitarbeiter des Kundenunternehmens. Monetär gesehen bezieht sich die Gleichstellung auf Stunden- bzw. Monatseinkommen, sämtliche Zuschläge und Zulagen, Regelungen zur Bezahlung von Urlaub, Krankheit und Feiertagen, Urlaubstage, Urlaubsgeld oder sonstige Sonderzahlungen, Arbeitgeberzuschüsse (z.B. VWL oder BAV), Regelungen zu Zeitkonten sowie Sachbezügen (können als Wertausgleich erfolgen).
Bei Branchenzuschlagstarifen gibt es tarifliche Öffnungen, die Unternehmen im individuellen Fall berücksichtigen müssen. Laut den Rahmenbedingungen des Gesetzgebers muss nach spätestens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an den Vergleichslohn des Stammbeschäftigen erfolgen; nach spätestens 15 Monaten ist die Gleichstellung zwingend. Die Tarifpartner können bei dieser Regelung den Wert festlegen, den sie als Gleichstellungswert ansehen.
Regelungen zur maximalen Einsatzzeiten
Die Höchstüberlassungsdauer ist personenbezogen und beträgt maximal 18 Monate ab dem 1. April 2017. Erst ab dem Tag beginnt die Zählung – für Neueinstellungen wie auch bereits beschäftige Zeitarbeitnehmer. Alles was vorher war, wird nicht mitgezählt. Nach 18 Monaten muss der eingesetzte Zeitarbeitnehmer vom Kundenunternehmen übernommen werden, oder eben jenes verlassen. Nach einer Unterbrechungszeit von über drei Monaten darf ein Mitarbeiter erneut beim selben Kunden eingesetzt werden. Sämtliche Unterbrechungszeiten von bis zu drei Monaten zählen nicht als Unterbrechungen. Wie bereits gesagt, Einsatzzeiten bei einem Kunden über verschiedene Zeitarbeitsunternehmen werden zusammengerechnet.
Vorsicht vor Falschinformationen – im Internet gibt es unseriöse Quellen, die Unterbrechungen von weniger als 3 Monaten nennen, die die Zählung hemmen würden. Diese Interpretationen, die jeder gesetzlichen Grundlage entbehren, können für Kundenbetriebe ungeahnte Folgen haben. Hierbei gilt es, aufzupassen und sich gründlich zu informieren.
Weiterhin können die Tarifpartner einer Branche eine Tariföffnung zur Verlängerung der Einsatzzeiten vereinbaren und gesonderte Regeln für Übernahmen und Zeitarbeitsquoten festlegen. In solchen Tarifverträgen ist es daher zwingend erforderlich, eine Höchstüberlassungsdauer aufzunehmen – Zeitarbeit sollte vorübergehend sein!
Bei Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer drohen dem Kundenunternehmen wie auch dem Zeitarbeitsunternehmen Bußgelder in Höhe bis zu 30.000,00€. Bei wiederholten Fällen droht dem Zeitarbeitsunternehmen der Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.
Das Widerspruchsrecht
Liegt kein gültiger Arbeitsvertrag vor, oder wird die maximale Einsatzzeit überschritten, wird der Zeitarbeitnehmer Mitarbeiter des Kundenunternehmens. Dies lässt sich rückgängig machen, indem der Zeitarbeitnehmer bei der jeweiligen Bundesagentur für Arbeit eine Festhalteerklärung abgibt. Das Festhalten am Arbeitsvertrag muss persönlich durch den betroffenen Zeitarbeitnehmer bei der Bundesagentur erklärt werden. Die Identität des Zeitarbeitnehmers wird festgehalten und das Datum sowie der Inhalt der Erklärung werden protokolliert. Spätestens am dritten Tag nach Abgabe muss die Festhalteerklärung dem Kundenunternehmen und dem Zeitarbeitsunternehmen zugegangen sein. Sind die Bedingungen erfüllt, bleibt der Zeitarbeitnehmer Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens; er darf jedoch nicht weiter beim Kunden eingesetzt bleiben. Erst nach über drei Monaten dürfte er zu diesem Kunden zurückkehren.
Strategisches Vorgehen ist wichtig
Die genannten Aspekte decken nur einen kleinen Teil der wesentlichen Änderungen ab. Je nach Unternehmen, Branche und Tarif ergeben sich verschiedene Gestaltungsräume und Möglichkeiten für die Flexibilisierung der Personalplanung. Es ist wichtig, bestehende Systeme, Programme und Verträge hinsichtlich der Veränderungen zu prüfen und diese entsprechend der Regelungen anzupassen.
Das Team der Job find 4 you Personalmanagement GmbH steht Ihnen bei Fragen gerne zur Seite! Außerdem möchten wir uns an dieser Stelle selbst herzlich bei Herrn Norbert Fuhrmann, dem Geschäftsführer des I.Q.Z. Initiative Qualitätssiegel Zeitarbeit GmbH, bedanken, der die Mitarbeiter unseres Unternehmens zu diesem Thema geschult hat.
Kommentare
Norbert Fuhrmann
23. März 2017 am 12:03
Hallo Herr Hehl,
dieses “Karussellsystem” wird wahrscheinlich bei den Kunden der Zeitarbeit genutzt, die Zeitarbeit als billige Personalalternative verstehen und nutzen. Dabei wird die einzelne betroffene Person nicht als wertvoller Mitarbeiter, der über längere Zeit dem Unternehmen geholfen hat, missachtet.
Es stellt sich die Frage, wie Ihre Zeitarbeitsfirma auf diese Situation reagieren wird. Werden Sie bei anderen Kundenbetrieben eingesetzt oder erhalten Sie eventuell auch noch zum 27.12.2017 die Kündigung mit der Aufforderung, nach 91 Tagen wieder neu bei Ihrer Firma wieder zu starten, um dann beim Kunden ebenfalls wieder für 9 Monate zu arbeiten?
Mit der Klärung dieser Frage verbindet sich durchaus auch eine Bewertung Ihres Arbeitgebers. Sollte eine Kündigung erfolgen würde ich eine solche Firma als “Hire- und Fire – Unternehmen” einordnen, die das gezielte Lohndumping von Entleihbetrieben unterstützt.
Norbert Fuhrmann
Bestellter Sachverständiger
für Personaldienstleistungen
Lena Flecke
22. März 2017 am 15:55
Hallo Herr Haehl,
wir können gut nachvollziehen, dass Sie nach so langer Zeit enttäuscht und sauer sind. Es ist leider noch nicht absehbar, wie einzelne Unternehmen auf die Gesetzesänderung reagieren werden. Dies wird sich auch von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden. Die Auswirkungen der Gesetzesänderung (ob positiv oder negativ) wird man erst rückwirkend betrachten können.
Wir empfehlen Ihnen, vielleicht noch einmal das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und der Firma, bei der Sie eingesetzt sind, zu suchen. Wenn Sie sich daraufhin ungerecht behandelt fühlen, können wir sehr gut verstehen, wenn Sie nicht zu der Firma zurückkehren wollen. Gut, dass es in Deutschland die freie Arbeitsplatzwahl gibt. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft auf jeden Fall alles Gute und hoffen, dass Sie die für sich beste Lösung finden werden.
Roman Haehl
20. März 2017 am 19:21
also das neue Aüg ist doch eine Lachplatte, ich bin seit 4 1/2 Jahren an die gleiche Firma ausgeliehen, heute habe ich erfahren das ich am 27.12.17 für genau 91 Tage die Firma verlassen soll und danach dürfte ich wieder zurück . Wie nett!!! Meine Firma an die wo ich ausgeliehen bin will mich nicht fest anstellen – logisch billige Arbeitskraft und absetzbar!!! Aber eins weiß ich, ich werde nach diesen 91 Tagen nicht wieder zu dieser Firma zurück gehen – die wollen mich nicht fest, dann bekommen sie mich gar nicht!!
Ich hoffe das werden viele so machen. Frau Nahles ist einfach eine Weltfremde Politikerin -von nichts eine Ahnung und Hauptsache ein neues sinnloses Aüg verabschiedet,
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