Bewerber-Screening via Social Media: ja oder nein?
30. Januar 2017 - Geschrieben von: Lena Flecke
Das Bewerber-Screening via Social Media ist ein zunehmend präsentes Thema, das manche Personaler als heikel oder moralisch verwerflich betrachten. Aber warum eigentlich? Auf der Suche nach dem perfekten Kandidaten sollte man keine Kosten und Mühen scheuen – oder?
Bewerber-„Screening“ bezieht sich im Arbeitsalltag eines Personalers vor allem auf die von Bewerbern eingereichten Lebensläufe. Heutzutage selten in Papierform, aber immer öfter im PDF-Format. „Gescreent“, beziehungsweise gesichtet, werden Lebensläufe also im Regelfall am PC. Bei auftretenden Unklarheiten (nicht in sich schlüssige Beschäftigungszeiträume oder ähnliches) könnte man den Bewerber einfach anrufen und nachfragen – oder aber schauen, was Google, Facebook, Xing und Co. über den Bewerber ans Tageslicht bringen.
Was der bessere Weg ist – das muss in diesem Moment jeder selbst entscheiden. Aber sicherlich kann sich kaum jemand aus dem Personalbereich, der einen Facebook- oder Xing-Account besitzt, davon freisprechen, nicht doch einmal nach einem Bewerber gesucht zu haben, um dann neugierig auf sein Profil zu klicken. Das kann durchaus zu interessanten Informationen über den Bewerber führen, die man ansonsten nicht erhalten hätte. Zu der Frage, ob man diese Informationen benötigt oder nicht, komme ich später.
Trennung von „Privat“ und „Beruflich“ wird schwieriger
Klar zu sagen ist hierbei, dass Xing von vornerein für berufliche Zwecke und das professionelle Netzwerk gedacht ist. Man sieht, dass jemand das eigene Profil besucht hat und unter Umständen auch, wer es besucht hat. Das sieht man bei Facebook nicht – was sicherlich auch den Reiz des Bewerber-Screenings ausmacht, denn man kommt an die gewünschten Informationen ganz unbemerkt. Facebook ist zum Vernetzen mit Mitmenschen und vor allem Freunden gedacht, somit findet der neugierige Personaler an Freunde adressierte Informationen des Users, also hier Bewerbers.
Unternehmen treten mit Kunden in Kontakt und andersrum
Aber auch Unternehmen haben auf Facebook mittlerweile diverse Möglichkeiten, mit Kunden in Kontakt zu treten. Ein Unternehmensprofil, das die Kommunikation mit dem Kunden ermöglicht, und Werbeanzeigen, die auf den Kunden und seine Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten sind, stellen nur zwei dieser Möglichkeiten dar. Im Falle eines Personaldienstleisters wie Job find 4 you ist der Kunde der Bewerber. Und der Bewerber schreibt uns gegebenenfalls auch eine Nachricht an unser Unternehmensprofil, wenn er in unserer an das Profil gekoppelten Jobbörse (einer App) eine spannende Stelle gefunden hat.
Transparente „Grenzen“
Die Grenzen zwischen „privat“ und „beruflich“ sind in diesem Moment nicht mehr klar zu erkennen. Wenn uns jemand anschreibt und dieser jemand namentlich mit Foto zu erkennen ist, klickt man nun mal auch schnell auf sein Profil, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Dass wir diesen gerne auch im persönlichen Gespräch revidieren können, ist selbstverständlich. Dazu kommt, dass auch das Unternehmensprofil der Job find 4 you von realen Personen gepflegt wird, die beim Posten von Beiträgen namentlich erscheinen. Sicherlich klickt der ein oder andere Bewerber auch unsere privaten Profile an, mit denen wir das Unternehmensprofil pflegen – also eigentlich ist es ein Geben und Nehmen, wenn man es so sieht.
Online Informationen über Bewerber finden – und Grenzen einhalten
Kommen wir zurück zu den Informationen, die man auf Facebook oder Xing erhalten kann. Auf Xing sind diese rein auf die berufliche Laufbahn beschränkt, vielleicht einige persönliche Interessen und ehrenamtliche Tätigkeiten. Bei Facebook liest man auf einem „offenen Profil“ womöglich auch Statements zur politischen Einstellung, persönliche Kommentare von Freunden und/oder dem Partner und man findet private Fotos vom User. Man erfährt also unter Umständen, wie oft jemand Feiern geht („Ob der am Montagmorgen fit sein wird…“), welchen Freundeskreis jemand hat („Ohje, die Freunde kenne ich teilweise, der eine wohnt bei mir um die Ecke, ein ganz komischer Kerl“) oder ob derjenige für oder gegen den Brexit, Trump, oder Sonstiges ist. Seien wir ehrlich, diese Informationen sollte man von einem fremden Profil als Arbeitgeber nicht unbedingt erfahren können.
Privates sollte privat bleiben
Aber tut man es als Personaler doch, ist man als Mensch nicht davor geschützt, eine subjektive Meinung zu bilden. Und hiervon sollte man ganz schnell Abstand nehmen. Solange Herrn oder Frau XY das Feiern am Wochenende nicht von einem produktiven Wochenstart am Montag abhält, haben diese Dinge die Personalabteilung nicht zu interessieren. Solange gute Arbeit geleistet wird und Aufgaben zufriedenstellend erledigt werden, kann jemand am Wochenende noch so oft gegen die AfD demonstrieren oder eben für diese argumentieren, wie er will. Insoweit sollte an dieser Stelle eine klare Grenze zwischen Beruf und Privatleben gezogen werden.
Privatsphäre schützen
Bei all dem „Verschwinden der eigenen Privatsphäre“ durch Facebook gilt es nun mehr zu berücksichtigen, dass man als Bewerber bewusst einstellt, wer welchen Teil des persönlichen Profils ansehen kann. Dass Arbeitgeber Bewerber „screenen“ ist nicht erst seit gestern bekannt, sondern schon seitdem Facebook gewachsen ist und nicht mehr nur von Studenten genutzt wird. Wer schützt, was andere nicht sehen sollen, ist auf der sicheren Seite. Und die für Personaler relevanten Aspekte wie Abschluss und derzeitige beziehungsweise letzte Beschäftigung des Bewerbers stehen selbstverständlich sowieso im Lebenslauf.
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